Die Zeitstruktur ist eine zentrale Herausforderung jeder Form kreativer Aktivit?t, sei es im Labor bei der Entwicklung eines neuen Medikaments oder bei Musikaufnahmen im Studio: Die beteiligten Akteure bringen unterschiedliche Zeithorizonte mit, arbeiten nach verschiedenen Rhythmen und Taktungen. Die Kreativit?ts- und Organisationsforschung geht bisher davon aus, dass eine Synchronisierung, das sogenannte ?Entrainment“, die Erfolg versprechende Strategie ist: Um m?glichst effizient zu sein, wird der zeitliche Rahmen genau bestimmt. Beispielsweise werden zu einem vorgegebenen Zeitpunkt zu erreichende Meilensteine definiert, Priorit?ten festgelegt und Fristen vereinbart. Das Problem: In einem solchen Zeitkorsett ist für Kreativit?t nur wenig Platz.
?Entrainment ist zwar im Hinblick auf Effizienz vorteilhaft, allerdings nicht notwendigerweise im Hinblick auf Kreativit?t“, so Prof. Dr. Gernot Grabher, der das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt ?The Temporal Structuring of Creative Processes: Organizing Creativity through (Dis)Entrainment“ an der HCU betreut. Gemeinsam mit Prof. Dr. Elke Schü?ler von der JKU und Prof. Dr. J?rg Sydow von der FU will der Professor für Stadt- und Regional?konomie belegen, dass zeitliche Spannungen und Asynchronit?ten nicht nur organisatorische Herausforderungen darstellen, sondern tats?chlich für die Kreativit?t genutzt werden k?nnen. Die Deutsche Forschungsgesellschaft DFG und der ?sterreichische Wissenschaftsfonds FWF f?rdern das Projekt mit jeweils rund 225.000 Euro.
?Bislang wird Entrainment als organisatorische Praxis vor allem mechanistisch betrachtet. Das hei?t, die zeitlichen Strukturen werden als extern gegeben wahrgenommen, ein aktives Spiel mit der Zeit ist nicht vorgesehen“, erkl?rt Grabher. Freir?ume für kreative Prozesse entstünden aber h?ufig durch zeitliche Spannungen und Leerl?ufe, beispielsweise wenn Studiomusiker*innen in Aufnahmepausen anfingen zu improvisieren und daraus etwas Neues, Unvorhergesehenes entstehe. ?Diese Interdependenz zwischen Entrainment und Disentrainment auf der einen und Kreativit?t auf der anderen Seite wollen wir systematisch untersuchen“, sagt Grabher.
Die Forschergruppe will kreative Prozesse in zwei sehr unterschiedlichen Wissensdom?nen vergleichend analysieren: Zum einen im Bereich der Musik, zum anderen in der Pharmakologie. ?Wir m?chten überprüfbare Aussagen über den Zusammenhang zwischen zeitlichen Strukturen, Praktiken der zeitlichen Strukturierung und Kreativit?t entwickeln, um Entrainment nicht 澳门现金网_澳门赌博现金网-官网 nur als Form der Organisation von Effizienz, sondern auch von Kreativit?t zu theoretisieren“, so Grabher.
In der Praxis soll eine Vielzahl zuvor entwickelter Methoden und Werkzeuge zum Einsatz kommen, von explorativen Interviews über digitale Tagebücher bis hin zum sogenannten ?shadowing“, also 澳门现金网_澳门赌博现金网-官网w?chigen Beobachtungen und genauen Protokollierungen der Alltagspraxis etwa in Tonstudio und Labor. Geplant ist, sowohl zentralisierte Gro?organisationen wie ein philharmonisches Orchester oder eine Universit?tsklinik als Partner zu gewinnen, als auch dezentrale Netzwerke der freien Musikszene oder einen Campus für pharmakologische Forschung.